Die mittelalterlichen georgischen Kulturdenkmäler (Architektur und Wandmalerei)

von Ani Kldiaschwili (Staatliche Ilia Tschawtschawadze Universität für Sprache und Kultur, Tbilissi)

Auf dem georgischen Territorium gibt es viele Kulturdenkmäler aus verschiedenen Perioden, angefangen von den uralten Hominiden (Hominiden von Dmanissi, vor 1. 700 000 Jahren) bis in die Gegenwart. In Georgien gibt es in jeder Region, in jedem Tal, in jedem Dorf und in jeder Siedlung irgendwelche Überbleibsel aus der Vergangenheit. Diesmal befasse ich mich nur mit den mittelalterlichen Kulturdenkmälern, also mit der Baukunst und Wandmalerei, und zwar mit den wichtigsten markanten Denkmälern.

Die mittelalterliche georgische Kultur umfaßt fast 15 Jahrhunderte und gehört zum byzantinischen Kulturareal, verfügt aber über einen absolut besonderen, einmaligen Charakter. Das zeigt sich deutlich in verschiedenen Kunstbereichen, besonders in der Architektur. Bis zu unserer Zeit sind umfangreiche Architekturdenkmäler erhalten geblieben, die uns ermöglichen den ständigen Entwicklungsprozeß der georgischen Architektur, der im Jahre 337, d.h. nach der Erklärung des Christentums zur Staatsreligion, im Frühmittelalter (4.- 7. Jahrhundert) seinen Ursprung nimmt. In dieser höchst interessanten Etappe bildete sich die Nationalkultur auf christlicher Basis. Gerade am Anfang dieser Etappe, im 5. Jahrhundert, wurde die Bibel ins Georgische übersetzt und das älteste erhaltene Buch der georgischen Literatur „Martyrium der heiligen Schuschaniki“ von Jakob Zurtaweli geschrieben. In der gleichen Periode wurden die georgischen Kloster in Syrien und Palästina erbaut, wo die georgischen Mönche intensive schriftstellerische und Übersetzungstätigkeiten ausführten. Im 6. Jahrhundert entfaltete sich das Klosterleben dank dreizehn assyrischer geistlicher Väter. Außerdem wurden in dieser früheren Etappe zahlreiche Kathedralen erbaut. Es war ein Prozeß der Anpassung an die neue Religion und dementsprechend der Suche nach neuen architektonischen Formen, Plänen und räumlichen Lösungen. Von den Baudenkmälern dieser Periode ist die Basilika von Sioni in Bolnissi, erbaut Ende des 5. Jahrhundert, besonders wichtig . Eine georgische Bauinschrift schmückt das Baudenkmal. In architektonischer Hinsicht ist Bolnisis Sioni einzigartig. Dem Beschauer überfällt ein widersprüchliches Gefühl. Die lakonischen und schlichten, massiven und monumentalen Formen des Äußeren machen den Eindruck der Stärke, Festigkeit, Härte und Altertümlichkeit. Wie Prof. W. Beridse treffend charakterisierte, “ liegt die Kirche auf der Erde und hält sie fest“. Andererseits sind ihr die bedrückende Schwere und der dem Mittelalter charakteristische Mystizismus fremd. Das Baudenkmal strahlt Lebensfreude aus. Dabei spielt der Baustein die größte Rolle. Die Wände sind verkleidet mit gut bearbeitetem helltürkisfarbenem Tuffstein. Bolnissis Sioni ist eine dreischiffige Basilika. Sie ist aber kein typisches Beispiel für die Basilika. Ihr sind eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten charakteristisch: die dreischiffige gewölbte Pfeiler-Basilika ist vom einheitlichen Giebeldach überdeckt, die seitwärts geneigten Dächer der Seitenschiffe bilden einen basilikaähnlichen Bautyp. Das Mittelschiff hat ein einheitliches Giebeldach, die Seitenschiffe haben aber Halbgiebeldächer. Außerdem ist das Portal nicht an der westlichen Seite, wie es für die Basilika überhaupt typisch ist ( das jetzige Portal an der westlichen Seite wurde im 17. Jahrhundert eingebaut), sondern an der nördlichen (zwei Portale) und an der südlichen Seite (ein Portal), was eigentlich im Gegensatz zum Basilikabau steht. In der Basilika strebt alles von Westen nach Osten, Richtung Altar. Die ganze Anlage wird bestimmt durch das Gegenüber von Altar und Gemeinde. Die Seitenportale stören aber diese Bewegung, der Innenraum wird in zwei Teile geteilt, wie es in Zentralbauten vorkommt. Hier zeigt sich das Streben nach dem Zentrum, was auf den engen Zusammenhang mit einer jahrhundertealten Tradition hinweist.

Noch eine Eigentümlichkeit von Bolnisis Sioni besteht darin, daß sie kein Diakonat hat (die für den Gottesdienst nötigen abgesonderten Räume sind erst im 6. Jahrhundert entstanden. Im Kirchenraum ist auch ein Taufplatz abgesondert (den es später nicht mehr gibt), über dem Portal gibt es offene Lunetten, die hufeisenförmig sind ebenso wie die Bögen und Gewölbe. Es ist bemerkenswert, daß diese Form, die gewöhnlich mit der islamischen Architektur verbunden ist, vor der arabischen Invasion in Georgien, vor dem 7. Jahrhundert verbreitet wurde und später verschwand.

In Bolnissis – Sioni wird der Ausstattung und Organisierung des Innenraumes viel Aufmerksamkeit geschenkt. Davon zeugen die harmonischen Proportionen des Innenraumes, die den Eindruck des Monumentalismus und der Herrlichkeit machen. Die präzisen architektonischen Formen und die ziemlich kargen, aber gut durchdachten Reliefs schmücken die Basilika. Im Interieur findet man das erste Mal die Bauplastik, während die Fassaden ganz schlicht sind. Die Verteilung dieses Schmucks folgt einem bestimmten Prinzip – die sinngemäß wichtigsten Teile der Kirche sind durch Reliefs besonders hervorgehoben. Zum Beispiel die Kapitelle des Altars im Mittelschiff. Damit betont der Baumeister die künstlerische Seite im Innenraum.

Nach Bolnissis- Sioni wurden im 6. Jahrhundert in Georgien viele Basiliken erbaut. Urbnissi (in Kartli) Uriatubani und Chaschwi (in Kacheti) Zkarostawi (im historischen Dschawacheti), Antschischati (in Tbilissi). Mehr noch: die georgischen Baumeister variieren dieses Thema, so daß ein basilika-ähnlicher Bautyp, entstanden ist, der auf Georgien beschränkt blieb: die Dreikonchenbasilika ( Segani, Nekressi, Unteres Bolnissi – 6.-7. Jahrhundert).

Am Zusammenfluß von Mtkwari und Aragwi, auf dem Berg, am historischen Ort, wo der Überlieferung noch König Mirian nach der Christianisierung das Kreuz aufstellte, steht das wichtigste Denkmal der georgischen Baukunst, die Dshwari-Kirche in Mzcheta. Sie ist ein kristallklarer vollendeter Organismus. Der Baustein ist rostfarben. Die Kirche steht da, wie ein aus dem Boden gewachsener „Körper“, wie eine harmonische Krone. (Die harmonische Verschmelzung mit der Natur ist die charakteristische Eigenschaft der georgischen Baukunst in allen Etappen.)

Die Dshwari-Kirche in Mzcheta ist Tetrakonchos mit Nischen und Eckräumen. Die Eckräume befinden sich auf den parallelen Achsen der Absiden und sind mit dem zentralen Raum mit den tiefen Nischen verbunden. In Innenraum dominiert die breite Kuppel, die über dem niedrigen achtflächigen Hals gewölbt ist. Die Kuppel vereint den ganzen Innenraum. Die Proportionen sind harmonisch, die Formen präzis und gleichgewichtig. Das Beleuchtungssystem ist gut durchdacht. Am besten wird die Kuppel als Dominante des Innenraumes beleuchtet, die anderen Teile aber der Bedeutung nach – Ostaltar durch drei Fenster, die anderen Absiden jeweils durch ein Fenster.

Das Exterieur der Dshwari-Kirche zeigt deutlich die innere Aufteilung des Raumes. Hier ist die völlige künstlerische Übereinstimmung der inneren und äußeren Formen vorhanden. Im Exterieur der Dshwari- Kirche dominiert die Kuppel, nachher die Formen aus der Kuppel „gewachsene“ Arme, die Überdachung der Absieden und zum Schluß die schiefen Dächer der niedrigsten Eckzimmer, die sich stufenweise neigen. Alle diese Teile sind miteinander harmonisch verbunden, so daß der ganze Bau einen einheitlichen Kristalleindruck macht.

Die Dshwari-Kirche in Mzcheta ist auch anderweitig bemerkenswert. Sie ist das erste Beispiel in der georgischen Baukunst, wo die Kirchenfassadenaufteilung und ihre Formgebung ( Ausstattung ) der zielbewußten Aufgabensstellung dient. Die West- und Südfassaden der Dshwari-Kirche sind absolut schlicht, weil der Betrachter diese Fasadden von nah nicht sehen kann (Die Westfassade sind am steilen Hang, die Nordfassade grenzt an die ein bißchen früher erbaute, s.g. Kleine -Dshwari-Kirche).

Deshalb sind sie nicht verziert und ihre Formen sind allgemein bearbeitet. Andererseits werden den anderen Fassaden eine besondere Bedeutung beigemessen, weil die Ostfassade dem Besucher gleich ins Auge fällt, und an der Südfassade ist das Portal. Die beiden Fassaden haben je zwei Nischen ( An der Südfassade sind sie tiefer), aber sie haben eine unterschiedliche Kompositionsstruktur. An der Ostfassade ist der Zentralteil – der kantenförmige Altar mit Reliefdekor – besonders hervorgehoben. An den Kanten des Altars sind drei Fenster eingebaut. Darüber liegt der Reliefteil. Die Komposition wird von den über den Fenster eingebauten drei großen Reliefplatten gekrönt, an denen die historischen Figuren abgebildet sind. Dieses eigenartige Relieftryptichon setzt einen besonderen Akzent an der Ostfassade. Die Struktur der Südwand ist unterschiedlich und entwickelt sich auf der vertikalen Achse, die von den kirchlichen Öffnungen gebildet werden. Die Reliefs aber, die die Fassade schmücken, dienen dieser Struktur.

Dshwari-Typ Denkmäler (Eckzimmer-Tetrakonchos) hat man im 7.Jahrhundert auch in anderen Teilen von Georgien erbaut: Atenis Sioni (in Kartli), Altes Schuamta (in Kacheti), Martwili (in Samegrelo). Zum Schluß muß gesagt werden, das dieser Bautyp einzigartig ist und in dieser Zeit nur in Georgien und Armenien verbreitet ist, aber die armenischen Muster unterscheiden sich deutlich von den georgischen.

Die folgende Etappe der mittelalterlichen georgischen Baukunst, die die Periode von der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts umfaßt. ist als Übergangsperiode genannt. Am Anfang dieser Periode haben die Araber Georgien erobert und zwei Jahrhunderte in Ostgeorgien geherrscht, aber trotzdem haben die Georgier die christliche Religion bewahrt, die die Basis der georgischen Nationalität war. Diese Periode zeichnete sich durch die Aktivität im Kulturbereich aus. Eben in jener Zeit wird in den Peripherien von Georgien das aktive Geistesleben geführt, es werden literarische Werke geschrieben („Martyrium von Abo Tfileli“ von Joane Sabanidze, Ende des 8. Jahrhunderts. Das Leben von Serapion Sarsmeli“ von Bassili Sarsmeli, „Das Leben von Grigol Chanzteli“ von Giorgi Mertschule, 10.Jahrhundert u. a.) Kirchen werden gebaut, viele Klöster werden gegründet (Ischchani, Berta, Zcharostawi, Chanzta, Opisa, Sarsma, Chachuli, Oschki u. a. ). Das Hauptmerkmal der Architektur dieser Periode ist die Buntheit der Bauthemen; das zeugt davon, das man dem strengen Stil der früheren Periode entgesagt hat und daß man die Suche nach neuen Bauwegen angefangen hat. Dafür genügt nur ein Beispiel: eben in dieser Periode (8. Jahrhundert) wird in Georgien die einzige zweikupplige Kirche- Kwelazminda (Allerheiligen) in Gurdshaani ( in Kacheti) erbaut, es entsteht der Kirchentyp mit sechs Absiden – Gogiuba , Oltissi (Südgeorgien), Botschorma (Kacheti), Kazchi (Imereti) u.a. Es ist bemerkenswert, daß in dieser Periode ein neues System der Fassadengestaltung geschaffen wird: Das neue Gewölbe umringt die ganze Kirche, es entstehen dekorative Effekte. Die Suche nach den neuen Themen, Bauplänen, Fassadengestaltungen hat schließlich die Grundlage für die nächste Baukunst der Periode der Staatlichen Vereinigung ( C-CIII Jh.) geschaffen. Die Gipfel der Architektur des C -CI Jahrhunderts sind die drei Kathedralen -Bagrati, Alawerdi und Swetizchoweli. In der neuen Etappe der Kultarchitektur nimmt der Kuppelbautyp den wichtigsten Platz ein; im Raum bildet sich die Kreuzform, über der Kreuzung erhebt sich die Kuppel, die sich auf die frei stehende Pfeiler stützt. Die Maßstäbe der Bauten wachsen, die Proportionen ändern sich wesentlich. Das Streben nach Oben und in die Höhe ragende Proportionen sind die Kennzeichen der Kirchen dieser Periode. Lebendigkeit, Dynamik, reiche dekorative Ausstattung bilden die Grundlage des künstlerischen Eindrucks. Statt der strengen Fassaden von Bolnisi, Dshwari, Zromi sehen wir nun die mit dekorativen Gewölben geschmückten Fassaden. Ziemlich reich ist auch die Ornamentik. Die Krone dieser Periode ist die in den Jahren 1010-1029 erbaute Swetizchoweli Kathedrale, in der der epochale Stil deutlich ausgedrückt ist. (Sie wurde mehrmals wiedererbaut, aber die urspüngliche Ansicht ist im Grunde erhalten).

Die Swetizchoweli Kathedrale stellt ein nach ost-westlicher Richtung langgestrecktes Rechteck dar. Die Kreuz-Figur wird hier nur im Kreuzschiffraum (und nicht auf dem Plan) gesehen. Ihr Äußere ist ein markantes Musterbeispiel des ausgesprochenen kristallklaren Aufbaus der georgischen Kathedrale: Jede folgende Stufe ist natürlich gewachsen aus der vorigen Stufe und ebenso natürlich ist sie vollendet mit einer zeltähnlichen Kuppel. Die Grundlage der Fassadendekorierung bilden die dekorativen Bögen, die einen lebendigen Rhythmus spüren lassen. Die Westfassade ist gänzlich mit den um die Fenster versammelten Reliefs geschmückt. Alle das endet mit der Reliefkomposition der „Himmelfahrt“. An den Fassaden ist auch der Effekt der Polychromie angewandt: in der sandfarbigen Aufführung sind stellenweise rötlichen „Flecken“ zu sehen.

Der Innenraum von Swetizchoweli ist ziemlich groß und geräumig. Der weniger beleuchtete langgestreckter Westteil, der durch die Säulen in drei Schiffen geteilt ist, führt den Besucher in den reichlich beleuchteten, gewölbten Raum. Die hohen, streng proportionellen Säulen streben nach oben. Beleuchtungskontrast, krasser Wechsel von Licht und Schatten schaffen einen gewissen „barocken“ Effekt.

Im Jahre 1030 wurde die Bischofskathedrale in Samtawissi erbaut, die durch neue Tendenzen bemerkenswert ist. Hier wird versucht, einen kompakteren Raum zu schaffen: der Plan ist verkürzt und verhältnismäßig einfacher. Später trifft man einen solchen Plan viel öfter in der georgischen Baukunst. Die Kathedrale hat wunderbare harmonische Proportionen. Der Innenraum ist kompakt, fest und dicht, in dem wieder der Raum unter dem Gewölbe dominiert. Besonders zeichnet sich die Kathedrale durch ihren virtuosen Fassadenschmuck aus.

Das plastische Gewölbe umrahmt die Kathedrale, bildet den klaren, majestätischen Rhythmus und vollendet das Ganze. Hier gibt es das Fünfgewölbesystem, dessen breitestes und höchstes Zentralgewölbe mit seiner ziemlich komplizierten dekorativen Komposition des Zentrums die symmetrische Achse bildet: an einer Achse sind drei Elemente verteilt – unter den Rhomben in der Mitte das breite Ornamentfenster und im oberen Teil der Komposition das große Ornamentkreuz. Wegen ihrer Vollkommenheit war die Fassade von Samtawissi weithin bekannt. Davon zeugt ihre Nachahmung (z.B.: in Ikorta) in den Denkmälern der folgenden Etappe.

Von den im 12. Jahrhundert erbauten Denkmälern sollte man unbedingt das Gelati Kloster erwähnen, das von Annalenschreiber als „Zweites Jerusalem“ und „neues Athen“ genannt wurde. Seine Gründung ( 1106) ist mit dem Namen des georgischen Königs Dawid Agmaschenebeli verbunden. An das Kloster angeschlossen war die Akademie, die eines der wichtigsten Kulturzentren im mittelalterlichen Georgien war. Hier wirkten unter anderen Ioane Petrizi. Das Kloster liegt bei Kutaissi, im Zchalzitela-Flußtal, mitten in den Bergen. Das Kloster wird von einer starken Mauer umringt. Im Klosterkomplex gibt es Akademiegebäude, einen Glockenturm und zwei kleine St. Georg- und St. Nikoleikirchen. Und nicht zuletzt, die Gottesmutterhauptkirche in Gelati. Der Innenraum der Kirche ist groß und geräumig, reichlich beleuchtet. Die Fassaden sind durch ein kompliziertes System von dekorativen Bögen geschmückt. Hier findet man kaum ein Ornament. Die Reihenfolge der gut gemeißelten Steine und das äußerst plastische Gewölbe tragen zu dem künstlerischen Eindruck bei, deshalb wirkt die Kirche asketisch und streng. In der Konche der Hauptkirche befindet sich ein Mosaik mit der Darstellung der Gottesmutter mit dem Kinde und den Erzengeln Gabriel und Michael. In den Bauten sind Malereien aus verschiedenen Zeiten erhalten. in Gelati gab es hervorragende Mosaike und wunderbare Arbeiten der Schmiedekunst und des Emailkunst. In Gelati entstand die berühmte Ikoneneinfassung der Gottesmutter von Chachuli, das sog. chachuler Triptychon (12. Jh.) mit getriebenem Ornament- und vielfarbigem Emailschmuck. Gelati war das bedeutendste kulturelle Zentrum der Schmiedewerkstätten.

Das einzigartige Kulturdenkmal der georgischen Baukunst Wardsia gehört zu den bedeutenden Ensembles georgischer Felsarchitektur. Das ursprünglich als Felsenstadt und Festung von Georg III angelegte, von seiner Tochter Tamar in ein Höhlenkloster verwandelte Wardsia liegt im Süden Georgiens, am links Ufer des Mtkwari, in der historischen Provinz Samzche. Mit den bisher erforschten Höhlen, Terrassen, der Wasserleitung, den zahlreichen Querverbindungen innen und außen, der einst großartig gestalten Fassade der Felsenstadt längs der steil vom Mtkwarital aufsteigenden Felswand und unter Nutzung ihrer Vor- und Rücksprünge, mit einer Fläche von 900 m2, bietet Wardsia noch heute ein eindrucksvolles Bild. Gut erhalten ist die mit bedeutenden Wandmalereien ausgestattete Klosterkirche: ein Saal mit Tonnengewölbe, weiter eine halbrunde Apsis und Narthex, teils aus dem Felsen gehauen, teils aus gebautem Stein. Die anderen Räume sind Wohnungen für Mönche, die Stifterin, Wirtschaftsräume, Wasserleitung (Keramikröhren) usw. Sie sind einfach gehalten, mit einer Flachdecke.

Nun sprechen wir über die letzte Etappe der mittelalterlichen Baukunst in Georgien. Das ist das späte Mittelalter- das CIV-CVIII Jahrhundert. Diese Periode war für Georgien die schwerste Zeit. Es war zerfallen, befand sich in einer feindlichen Umgebung von moslemischen Ländern und mußte sich dauernd verteidigen. Trotzdem wurden in der Zeit viele wertvolle Kulturdenkmäler geschaffen, wie z.B.: Sameba in Gergeti (CIV Jhd.), die Erzengelkirche in Nakalakari von Gremi (1565), die neue Klosterkirche (und der Glockenturm in Shuamta (XVI Jhd.), die Ananuri-Festung (CVII Jhd.), die Kirchen in Mtschadidschwari (1668) und in Barakoni (1753), der Glockenturm von Antschischati (1675) u.a. Die Traditionen der früheren Zeit wurden grundsätzlich fortgesetzt. Im Mittelalter sind die georgischen Städte, die Festungen, Wohnhäuser entstanden.

Hier befassen wir uns mit der monumentalen Wandmalereien. Die Muster des Frühen Mittelalters (IV-VII Jhd.) sind fragmentarisch erhalten geblieben. Das sind die Bodenmosaiken in Bitschwinta (VI Jh.) und in Schuchutis Abano ( V-VI Jh.) Dem Stil nach sind sie mit den vorderasiatischen helenistischen Kalturdenkmälern verwandt, gewisse Merkmale zeugen aber von der georgischen Herkunft. Die Kulturdenkmäler des VII Jh. und auch Übergangsperiode (III-C Jh.) zeichnen sich durch den Lakonismus und durch die Architektonik aus; damit passen sie zur Strenge des klassischen Stils der Architektur dieser Periode. Nur der Altar wird bemalt und in manchen Fällen wird auch das Reliefkreuz im Gewölbe gefärbt, der übrige Innenraum bleibt unberührt oder wird einfach mit Stuck beworfen. Diese Tradition ist im engen Zusammenhang mit den Denkmälern aus den V-VII Jahrhunderten in Thessaloniki, auf Zypern, auf den Sinai-Berg. Nach diesem Prinzip war die Kirche in Zromi (VII Jh.) geschmückt. Die Apsis besaß ein Mosaik mit der Darstellung der Traditio legis, Mitte des 7. Jahrhunderts.

Die Kulturdenkmäler der Übergangszeit sind nur fragmentarisch erhalten geblieben. Das sind: das Fragment der Freske in Telowani (VII-IC Jh.; die Darstellung des Christuskopfes im Medallon und der vier Apostel), Wandmalerei in Armasi von Ksani, (IC Jh. drei Kinderköpfe), Fragmente der Malerei im Dorf Nesguni (Swaneti, IC-C Jh.), die Altarmalerei der Höhlenkirche des Dodo-Klosters in Davit-Garedsha (C Jh.). In Davit-Garedsha sind bemerkenswerte Wandmalereien erhalten (IC-C Jhd.), die wegen ihrer ausgeprägt individuellen Lage als Werke der Schule von Davit-Garedsha angesehen werden. Unter ihnen finden sich religiöse Sujets sowie Porträts historischer Persönlichkeiten. In diesen Denkmälern ist das Prinzip der teilweise Verschönerung des Innenraumes erhalten, aber der Wandmalereistil ändert sich wesentlich, hier wird das antike Erbe grundsätzlich bearbeitet, dominiert die flache Darstellung; die eckige und expressive, ornamental-dekorative Linie ist führend, die Figurenproportionen sind nicht eingehalten – der Kopf und die Hände sind größer dargestellt.

In derselben früheren Periode war der sog. anikonische oder „schützende“ Dekor verbreitet, z.B. in der zweiten Schicht der Sioni-Kirche in Ateni. Solcher Dekor findet man sowohl in den christlichen Denkmäler des Ostens, in den Fresken in Kappadokien, als auch selbst in Konstantinopel (der ursprüngliche Dekor der Hagia Sophia war ähnlich).

Die CI-CII Jhd. sind die Blütezeit der georgischen Monumentalmalerei, die ihrerseits in zwei Etappen geteilt sind. Anfang der ersten Etappe (Ende des C . bis Mitte des XII. Jhds.) vollziehen sich wesentlich Änderungen in gesellschaftlichen Leben Georgiens. Es beginnt seine Vereinigung, und was ebenso wichtig ist, der Kontakt mit Syrien und Palästina wird schwächer und der Kontakt mit der byzantischen Kultur stärker. Das hat sich auch in der Malerei gezeigt. Eben in dieser Periode bildete sich in Byzanz das neue Dekorationssystem nach dem der ganze Innenraum der Kirche bemalt wird und nicht die einzelnen Teile, wie es in der früherer Epoche üblich war. Dieses System hat sehr leicht auch in Georgien Fuß gefaßt, denn selbst die in der georgischen Baukunst bestehenden künstlerischen Tendenzen und konkreter, das Streben nach dem einheitlichen inneren Raum, stimmten ganz und ganz mit dem gänzlichen Bemalungssystem überein. Die Änderung trug zur Entwicklung der Monumentalmalerei bei. Dabei bildeten sich unterschiedliche Künstlerschulen. Die Malereien stellen die Sujetzyklen dar. Dabei werden sowohl byzantinische als auch ostchristliche Muster benutzt. Die georgischen Maler zeigen ihre schöpferische Kreativität bei der Schaffung von originellen Zyklen. Für die Malerei dieser Periode bezeichnend ist die harmonische Übereinstimmung der Wandmalerei mit der Aufteilung des Innenraumes, und die der architektonischen Formen mit der Darstellungsgrößen. Deswegen sind die Szenen von großem Ausmaß. Die ganze Malerei hat einen architektonischen und monumentalen Charakter. Monumental ist auch selbst das Aufbauprinzip, wo die mächtigen Figuren im Landschaftshintergrund dominieren. Bei der Verteilung der malerischen Akzente herrscht der ruhige und ausgewogene Rhythmus. Dabei ändert sich die Manier der Menschenfigurendarstellung: die Proportionen sind viel geradliniger und harmonisch geordneter, die Bewegung freier und natürlicher. Außerdem behält die georgische Monumentalmalerei die ihr charakteristischen Eigenschaften bei: die strenge Farbenskala, die linienartige Malmanier und Zurückhaltung bei der Modellierung von Licht und Schatten. Der Charakter des Bildes ändert sich aber, es wird elastisch und fließend, gibt die Geschmeidigkeit der Formen und der Falten der Gewänder herrlich wieder. Ein prägnantes und typisches Muster dieses Stils ist die in der Zweiten Hälfte des Jahrhunderts ausgeführte Wandmalerei von Sioni in Ateni. Das Ausgangsprinzip ist hier die Raumverteilung der Tetrakonche. Es herrscht Gleichgewicht zwischen der Symmetrie und Rhythmik der einzelnen Teile des Interieurs. Der Maler schafft einen einzelnen unabhängigen ikonografischen Zyklus in jedem einzelnen Bauteil (in den Absiden). Abbildungen der historischen Persönlichkeiten – georgischen Könige und Feudalherren sind erhalten geblieben. Die Kompositionen sind streng monumental, die Proportionen der Figuren ausdrücklich harmonisch geordnet, der Gesichtsausdruck fein. Die Malerei ist äußerst dynamisch und aktiv. Die Malerei ist kräftig und gibt die Formen wunderbarer wieder. In Ateni dargestellte Heiligenbilder zeichnen sich durch die deutliche Individualität und innere Kraft aus. Ein prägnantes Beispiel dafür ist die Figur des Erzengels Gabriel aus der Szene „Maria Verkündigung“. Die Monumentalfigur, die aktive Bewegung, der ausdrucksvolle fließende Malstil sind die charakteristischen Eigenschaften der georgischen Monumentalmalerei dieser Periode.

Noch ein bemerkenswertes Kulturdenkmal dieser Periode ist das Altarmosaik (aus der 20er Jahren des CII. Jahrhunderts) der Hauptkirche des Klosters in Gelati. In der Apsidenkonche befindet sich ein Mosaik mit der Darstellung der Gottesmutter mit dem Kind zwischen zwei Erzengeln. die blau Ausschmückung, die smaragdgrünen, roten und ziegelroten Farben der Gottesmutter zeichnen sich vom schlichten goldfarbenen Hintergrund wunderbarer aus. Die Figuren sind sehr groß, aber wegen ihrer präzisen Proportionen und des geradlinigen Aufbaus geben sie den Eindruck von Eleganz und Leichtheit. Die ganze Komposition trägt einen feierlichen imposanten Charakter.

Das Mosaik ist mit den kleinsten Scherben aus Smalte ausgelegt. Das Ausführungsniveau ist virtuos, trotzdem ist darin eine gewisse Hybridität zu spüren: die für die byzantische Kunst charakteristischen Farbschatten und andere malerische Mittel sind hier mit der georgischen Linienführung vereint. Der Gesichtsausdruckstyp ist eher georgisch. Alles das gibt den Forschern den Grund dafür anzunehmen, daß das Mosaik von einem hiesigen Maler angefertigt worden ist, der vielleicht seine Meisterschaft eine gewisse Zeit in Byzanz vervollkommnet hat. (Die anderen Teile des Klosterkomplexes in Gelati sind mit den Fresken aus verschiedenen Zeiten geschmückt.)

Die zweite Etappe der Blütezeit der georgischen Monumentalmalerei fällt mit der Epoche von Rustaweli und der Königin Thamar zusammen. In dieser Periode wurden viele Meisterwerke geschaffen, da sind die Fresken der Hauptkirche in Wardsia (1184-1186), in Betania, in Kinzwissi, in Timotesubani, in Garedsha, und in Achtala (die erste Schichte an der Südwand), (Anfang des CIII Jhds). Es ist bemerkenswert, daß es in allen Fresken (eine Ausnahme ist nur die Kirche in Achtala) Porträts von historischen Persönlichkeiten gibt, und zwar die von Feudalherren und besonders die Porträts der Königin Thamar und ihrer Familienangehörigen. Diese sind ein organischer Teil der Fresken und nehmen einen besonders gut beleuchteten Platz ein. Fünf Porträts der Königin Thamar zeigen eine deutliche Porträtähnlichkeit. Der Typ ist immer gleich – ein längliches, volles Ovalgesicht, eine dünne und längliche Nase, kleine Lippen und mandelförmige schöne dunkle Augen. Der Altersunterschied ist bemerklich. Zum Beispiel, das Bild der Königin Thamar in Wardzia ist naiver und kindlicher als in Kinzwissi; im letzten ist ihr Blick der einer gereiften Frau. Solche Nuancen lassen sich nur beim aufmerksamen Betrachten der Fresken feststellen. Anderseits sind die Abbildungen der historischen Persönlichkeiten die mittelalterlich typischen, relativen Porträts.

Jedes Fresko der CII-CIII Jahrhunderte ist sehr eigenartig, individuell. Das zeigt sich erster Linie in seiner Farbtönug, aber allen Fresken ist eine ganze Reihe der epochalen Eigenschaften eigen. Die Fresken machen im ganzen einen monumentalen Eindruck, manche tragen einen dynamischen und dekorativeren Charakter. Langsam verschwindet die für die vorige Epoche charakteristische Architektonik und die Wandmalerei wirkt wie ein einheitlicher Teppich an den Wänden und Gewölben, denn die Szenen sind nicht mehr durch breite Ornamentstreifen voneinander abgetrennt, sondern durch dünne Linien; manchmal ist die Einheit der Registerlinien absichtlich gestört, die Abbildungen sind schachbrettartig verteilt auf Kosten der Bildung der zusätzlichen Register (Betania, Kinzwissi, Timotesubani-in den Altarfresken, Wardsia- an der Südwand). Außerdem entstehen viele Dekorelemente, Z.B.: Dekorgewölbe (in Kinzwissi, in Natlismzemeli). In Wardsia ist der blaue Hintergrund mit riesigen dekorativen Sternen bedeckt. Dabei werden der Figurenrhythmus, die Bewegungen, ihre Posen dynamischer. In dieser Hinsicht ist beachtenswert, daß die Frontalfiguren der Kirchenväter durch drei Viertel gedrehte Figuren ersetzt sind. Es entstehen Mehrfigurenkompositionen mit komplizierter Architektonik und mit einer Hügellandschaft im Hintergrund, aber das Verhältnis zwischen Figur und Hintergrund bleibt wie üblich, d.h. die Figur dominiert über den Hintergrund.

Das Bild, die Linie werden raffiniert, fließend und sehr elastisch und dementsprechend dekorativ. Die Gesichter zeichnen sich durch eine wunderliche Sanftheit und Geistigkeit aus. Die letzte Eigenschaft, ebenso wie alle obengenannten Merkmale, finden ihren höchsten Ausdruck im Engen von Kinzwissi.Die komplizierte Haltung ist sehr graziös und elegant, die Zeichnung auf dem grünlich-bläulichen Gewand bildet einen wunderschönen ornamentalen, ja einen gewissen musikalischen Rhythmus; die Linie selbst ist fließend, elastisch und fein und umreißt leicht die Körperformen. Auf dem feinen Gesicht des Engels ist das Zeichen der Ruhe, ein gewisser Lyrismus (dadurch unterscheidet er sich von der „Verkündigung“ in Ateni der Engel ist hier innerlich kräftig und energisch). Mit ihrer feinen Emotionalität und manche Stilzeichen wurde die georgische Monumentalmalerei des CIII Jahrhunderts vor Aufgaben gestellt, die später die italienische Malerei des duecento gelöst hat. Bei uns entwickelte sich dieser Prozeß nicht. Es ist schwer zu sagen, was die Ursache dafür war. Wahrscheinlich haben dazu auch die mongolischen Invasionen beigetragen. Aber auch während der mongolischen Herrschaft folgen die Wandmalereien der zweiten Hälfte des CIII. Dem in der byzantinischen Malerei entstandenen, sog. Paläologostyl. Dieser faßt Ende des CIII Jahrhunderts. in Georgien Fuß und dominiert im Laufe der CIV-CV Jahrhunderte. Dem Still gehören wichtige Kulturdenkmäler an: die Wandmalereien in der Hauptkirche in Gelati, in Chobi, in Atscha (CII-CIII Jh), in Lichne, Martwili, Sori und Schalta (1. Hälfte des CIV Jh.), in Ubissi und Zalendschicha (2. Hälfte des CIV Jahrhunderts.), in Nabachtewi (1. Drittel des CV Jh.).

In den CVI -CVII Jahrhunderten werden viele Beispiele solcher Wandmalereien geschaffen (Samtawissi, Nekressi, Achtala,Gremi, Achali Schuamta, Alwani, teilweise Alawerdi /CII Jh./, Chobi (Mittelschiff), Choni, Martwili, Kortschili, Nikorzminda, Erketi, Schemokmedi, Swetizchoweli in Mzcheta, Samtawissi, Antschischati, Bobnewi (VII Jh); in Gelati und Zalendschicha (CVI-CVII Jh.) u.v.a. Diese zahlreichen Wandmalereien vertreten verschiedene künstlerische Traditionen, manche zeichnen sich durch hohe Professionalität aus, aber weisen keine Neuheit und keine stilistischen Entwicklungstendenzen auf. Allgemein kann man sagen, daß die schöpferische Energie gewissermaßen erschöpft ist.

Besonders hervorzuheben ist eine Reihe von Wandmalereien, die die lebendigen schöpferischen Impulse in der späteren Epoche, im CVI Jh in den georgischen Provinzen geschaffen haben (Tschala, St. Elias-Kirche in Gelati, Koreti, Bugeuli, Tabakini u.a.), die von den Kunstwissenschaftlern Volksstrom genannt werden und in denen die profesionellen Zeichen gewissermaßen vernachlässigt sind. Die Ausführung zeichnet sich durch Einfachheit aus; die Abbildung ist flach, linienartig; selbst die Linie ist grob und plump, die Gesichtstypproportionen sind nicht beachtet. Gerade das macht den Eindruck der Naivität und Unmittelbarkeit, die diesen Wandmalereien ihr Leben und ihre Einzigartigkeit geben.

Die Tradition der mittelalterlichen georgischen Monumentalkunst dauert praktisch bis zum CIC Jahrhundert und endet erst nach dieser Zeit.

Im diesem kurzen Vortrag war es unmöglich alle interessanten Denkmäler der mittelalterlichen georgischen Baukunst und der Wandmalerei, ihre wichtigen Entwicklungsprobleme zu erörtern, aber wir hoffen, Ihnen einen kurzen Einblick gegeben zu haben.