Die Namen japanischer Berge

Von Naoji Kimura (Tokio)

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Die Berge gehören wie die Meere, Feursbrunst oder Stürme zum Urerlebnis der Menschheit, stellen sie doch eines der vier Elemente dar. Schon Christus wurde auf einer Bergspitze vom Teufel versucht, indem dieser ihm die Herrlichkeit dieser Welt zeigte.1 Hier erschien der Berg irgendwie negativ, da er doch in die Nähe des Teufels gerückt worden war. Im christlichen Mittelalter gab es zwar einen Heiligen wie Franz von Assisi, der in seinem Sonnengesang „unsere Schwester, die mütterliche Erde“ lobpries. Aber ein Albertus Magnus wurde der Häresie verdächtigt, weil er sich eingehend mit der Natur beschäftigt hatte. So wurde denn auch die Pansophie der Neuzeit ohne Unterschied der weißen oder schwarzen Magie verteufelt, wie es besonders bei Paracelsus und Doktor Faustus der Fall war. Der Schweizer Dichter und Göttinger Physiologe Albrecht von Haller war einer der ersten Europäer, die in seinem Lehrgedicht Die Alpen (1729) die Berge überhaupt im positiven Sinne entdeckten. Haller öffnete seinen Zeitgenossen „die Augen für die Schönheit des Schweizer Hochgebirges, das man bis dahin als abstoßend wild ansah, und stellt, Rousseau vorwegnehmend, das einfache Leben der Gebirgsbewohner über das bequeme naturferne Leben in den Städten.“2

Es war aber Goethe, der seine tiefen Erlebnisse der Berge in seinen autobiographischen Schriften und in literarischen Werken wie Wilhelm Meisters Wanderjahren oder Faust zum erstenmal ausführlich zum Ausdruck gebracht hat. Daß sein Naturerlebnis im Gebirge nicht nur literarisch oder wissenschaftlich, sondern auch religiös war, zeigt sich symbolisch besonders in dem bekannten Gedicht Harzreise im Winter. Der Dichter schätzte dieses „abstruse“ Jugendgedicht selbst so sehr, daß er 1821 einen eigenen Kommentar darüber veröffentlichte. Die hier erwähnte herrliche Erscheinung farbiger Schatten bei untergehender Sonne ist im Didaktischen Teil § 75 seiner Farbenlehre beschrieben. 3 Damals erlebte er gleichsam eine Apotheose des Menschen in der Natur, was freilich von der christlichen Erfahrung einer unio mystica streng zu unterscheiden ist. Aber über Goethe kommt man zu besserem Verständnis der Bergerlebnisse bei den Japanern, wie dies unten noch näher ausgeführt wird.

1. Die Eigentümlichkeit der japanischen Bergnamen

In Japan gibt es bekanntlich viele Berge. Das im Vergleich mit China winzige Land der aufgehenden Sonne Nippon besteht eigentlich zum großen Teil aus einer durchgehenden Bergkette, und dazwischen befinden sich relativ kleine bewohnbare und ackerbare Bodenflächen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, daß man nirgends in Japan ohne Ausblick auf eine nahe oder ferne Berglandschaft wohnen kann. Die Japaner sehen auch die Berge sehr gern an. Der große Japanforscher Philipp Franz von Siebold aus Würzburg machte im Jahre 1826 von Nagasaki aus eine Hofreise nach Yedo, dem jetzigen Tokio, und richtete sein Augenmerk u.a. auch auf die Berge, die er während der Reise zu Land und Wasser messend beschrieb. Alexander von Humboldt, der ihm als dem jüngeren strebsamen Kollegen zugetan war, verdankte Siebold Auskünfte über die japanischen Vulkane in seinem Hauptwerk Kosmos. In einer Fußnote erwähnte er es ausdrücklich. 4 Es waren dann anglo-amerikanische Missionare, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg die sogenannten Japanischen Alpen schätzen gelehrt und bei den japanischen Bergsteigern ein für allemal den Alpinismus erweckt haben. Skilaufen brachten aber zuerst die Österreicher den Japanern bei. 5

Im 19. Jahrhundert war allerdings die nördliche Insel Hokkaido, von der ich stamme, noch wie ein fremdes Land, dessen Berge erst nach der Meiji-Restauration im Jahre 1868 allmählich den Japanern bekannt gemacht wurden. Dagegen waren alle größeren und kleineren Berge sowohl auf der Hauptinsel Honshuu wie auch auf den geographisch und geschichtlich mit ihr eng verbundenen zwei Inseln Shikoku und Kyushuu seit alters benannt und allgemein bekannt. Ihre Namen gelten vielfach als Ortsnamen und machen deshalb Forschungsgegenstände für die fachwissenschaftliche Orts- bzw. Namenkunde aus. Durch Mythos, Legende und Dichtung sind sie teilweise sehr berühmt und beliebt, so daß sie bei den Japanern durch ihre bloße Nennung sofort bestimmte Vorstellungen oder Assoziationen hervorrufen. Solche mythologischen oder literarischen Zusammenhänge sind aber für die Europäer äußerst schwierig zu erklären, weil sie in der japanischen Geschichte grundsätzlich nur durch chinesische Schriftzeichen überliefert sind, auch wenn sie später manchmal durch die phonetische Umschrift der japanischen Sprache ersetzt worden sind.

Beispielsweise gebraucht man im Japanischen für den Bergnamen vier verschiedene Schriftzeichen: , , , . Dazu kommen noch zwei Schriftzeichen , hinzu, wenn die Bergspitze ein größeres Flachland darstellt. Diese chinesischen Schriftzeichen werden aber je nach den Zusammensetzungen mit anderen Schriftzeichen wie im Deutschen beim Blocksberg für den Brocken anders gelesen. Diese Lesarten erweisen sich meist als so unregelmäßig, daß selbst die Japaner oft nicht genau wissen, wie die geschichtlich bedingten Eigennamen einzelner Berge heißen. Es beruht allerdings auf einer reinen Unkenntnis der japanischen Sprache, wenn der Name des Berges Fuji „Fuji-yama“ ausgesprochen wird. Der Berg schreibt sich und das letzte Schriftzeichen mit der japanischen Lesart „yama“ wird in dieser Zusammensetzung als „san“ in der chinesischen Lesart ausgesprochen. Der bekannteste Berg Japans heißt also richtig „Fujisan“. Die richtige Aussprache verleitete jedoch einmal einen ausländischen Touristen zu einer anekdotischen Mißdeutung. Eine Anredeform in der japanischen Umgangssprache lautet ebenfalls „-san“ ohne entsprechende Schriftzeichen. Der Ausländer dachte, die Japaner wären von dem Berg Fuji wie von einem Individuum so sehr angetan, daß sie den Berg wie einen Menschen anredeten, also „Herr Fuji!“. So können überall verhängnisvolle kulturelle Mißverständnisse aufkommen.

Auch bei den anderen Schriftzeichen für den Berg gibt es von Fall zu Fall zweierlei Lesarten, da sie grundsätzlich eine chinesische und eine japanische Aussprache haben. Aber die Schriftzeichen und , die häufig vorkommen, werden meist auf japanische Weise ausgesprochen, nämlich „-dake bzw. take“ oder „-mine“. Ebenso verhält es sich mit den zwei Bezeichnungen für flache Höhen und , die „-daira“ und „-hara“ ausgesprochen werden. Die Zusammensetzung von beiden lautet jedoch als Hauptwort auf chinesische Weise „heigen“. Eine solche Eigentümlichkeit für die japanischen Bergnamen ist sprachgeschichtlich bedingt und spielt für die Benennung der Berge keine sinngebende Rolle. Dagegen beinhalten die angehängten Schriftzeichen, z.B. „Fuji“ zu „-san“ manchmal eine sinngemäße Bedeutung, obwohl sie schon volksetymologisch umgedeutet worden sein können. Beim Berg Fuji ist der Name seit der ersten schriftlichen Erwähnung im 8. Jahrhundert unverändert geblieben und wurde vielmehr nachträglich in den alten japanischen Gedichten auf die Bedeutung von „fushi“ (= Unsterblichkeit) oder „fuji(n)“ (= Unerschöpflichkeit) hin uminterpretiert. Wenn das Schriftzeichen in Japan statt „shan“ im China der Tan-Dynastie „yama bzw. san“ oder „sen“ wie beim Berg Daisen gelesen wird, so liegt es nahe, daß dies der koreanischen Aussprache bzw. der späteren Dynastie in China entnommen worden ist. Denn die Berge in Korea heißen mit „san“ wie Soraksan oder Hanrasan. Merkwürdigerweise wird der Berg in der Burma-Sprache wie „yama“ mit „Yoma“ bezeichnet.

Ansonsten ist wohl beachtenswert, daß man sich den Berg auch in Japan bildlich wie ein Vieh vorstellt und entsprechend zum Audruck bringt. So spricht man fast wörtlich von Bergbauch, Bergnase oder Bergrücken. Statt des Bergfußes verwendet man aber den Ausdruck für den Saum eines Kimonos. Beliebt ist besonders das Pferd für den Bergnamen, der dann „Komagadake“ heißt. „Koma“ ist das dichterische Wort für das Pferd. Ein bekannter Berg heißt abgekürzt „Shirouma“, das mit zwei chinesischen Schriftzeichen ein weißes Pferd bedeutet. Im Frühjahr, wenn es wärmer wird und weißer Schnee immer weniger zu sehen ist, zeigt sich an einer bestimmten Stelle in dem Berg ein Schneefleckchen mit einer Pferdeform. Da wissen die Bauern, daß die Zeit zum Säen herannaht. Dagegen heißen sowohl das Dorf als auch der Bahnhof auf einer ländlichen Eisenbahn, die hier vorbeifährt, heutzutage „Hakuba“ in chinesischer Lesart. Diese Aussprache klingt für die Jugend moderner, während die traditionsgemäße japanische Lesart „Shirouma“ den Bergsteigern vertrauter vorkommt. Die sogenannten Japanischen Alpen, für die sehr hohe Bergkette mitten auf der Hauptinsel, sind im japanischen Wortschatz kein Fremdwort mehr. Wie das Wort „Sport“ ist die Bezeichnung „Alpen“ für schneebedecktes Hochgebirge längst in Japan heimisch geworden, wenngleich die meisten Japaner nur eine klischeehafte Vorstellung von den Schweizer bzw. französischen Alpen haben. Die Bergnamen „Großglockner“, „Dolomiten“ oder „Zugspitze“ dürften ihnen nicht so bekannt sein wie „Matterhorn“, „Mont Blanc“ oder „Jungfrau“.

2. Die hundert „celebrated“ Berge in Japan

Es gibt wie die sogenannte „Classica Exempla“ in der deutschen Literatur hundert berühmt-beliebte, auf englisch als „celebrated“ zu bezeichnende Berge in Japan, die der bekannte japanische Bergsteiger und Essayist Kyuuya Fukada (1903-1971) ausgewählt hat. Der Photograph Ryohei Uchida hat im April 1999 seine künstlerisch ausgezeichneten Fotos dieser Berge in einem Sammelband publiziert. In seinem Nachwort schrieb er u.a.: „Wenn ich über die Bergen im Ausland, besonders auf dem Himalaya wandere, überkommt mich eine Sehnsucht nach den japanischen Bergen. Beim ständigen Anblick der felsigen Berge von Eis und Schnee, die sozusagen eine „dry“, d.h. rauhe Landschaft zu nennen sind, denke ich immer an die „wett“, d.h. zart-empfindsamen japanischen Berge voll Grün. Als ich diese hundert „celebrated Berge“ bestieg und fotografierte, habe ich mich davon überzeugt, daß sie wirklich die repräsentativen Berge Japans sind und doch jeder Berg seinen eigenen Charakter hat.“ Bekanntlich besteht Japan aus den vier Hauptinseln vom Norden nach dem Süden: Hokkaido, Honshuu, Shikoku und Kyushuu. Bei den repräsentativen hundert Bergen Japans handelt es sich in dieser Reihenfolge um die nachstehend genannten. Dabei wird im folgenden der höchste Berg im Gebirge als Hauptgipfel und die höchste Spitze eines Berges als der höchste Gipfel bezeichnet. Der Name „Kengamine“ für mehrere Berge bedeutet ursprünglich die umliegende Felswand eines Kraters. Wird die lang ausgebreitete Bodenfläche der Hauptinsel in Honshuu-Nord, Honshuu-Ost, Nordalpen, Honshuu-Mitte, Zentralalpen, Südalpen und Honshuu-West unterteilt, so dient es nur einer geographischen Orientierung in groben Zügen.

(Hokkaido)
1 Rishiridake (Hauptgipfel: Rishirisan 1721 m)
2 Rausudake (1660 m)
3 Sharidake (1545 m)
4 Akandake (Weiblicher A. 1499 m, männlicher A. 1370 m)
5 Taisetsuzan (Hauptgipfel: Asahidake 2290 m)
6 Tomuraushi (2141 m)
7 Tokachidake (2077 m)
8 Poroshiridake (2052 m)
9 Shiribeshiyama (1898 m)
(Honshuu-Nord)
10 Iwakisan (1625 m)
11 Hakkoudasan (Hauptgipfel: Oodake 1584 m)
12 Hachimantai (1613 m)
13 Iwatesan (Hauptgipfel: Yakushidake 2038 m)
14 Hayachine (1917 m)
15 Choukaizan (Der höchste Gipfel: Shinzan 2236 m)
16 Gassan (1984 m)
17 Asahidake (Hauptgipfel: Daiasahidake 1870 m)
18 Zaouzan (Hauptgipfel: Kumanodake 1841 m)
19 Iidesan (Der höchste Gipfel: Dainichidake 2128 m)
20 Azumayama (Hauptgipfel: Nishi-Azumayama 2035 m)
21 Adatarayama (1700 m)
22 Bandaisan (1819 m)
23 Aizukomagatake (2133 m)
(Honshuu-Ost)
24 Nasudake (Hauptgipfel: Chausuzan 1915 m)
25 Uonumakomagatake (2003 m)
26 Hiragatake (2141 m)
27 Makihatayama (1967 m)
28 Hiuchidake (Hauptgipfel: Shibayasukura 2356 m)
29 Shibutsusan (2228 m)
30 Tanigawadake (Der höchste Gipfel: Tomanomimi 1963 m)
31 Amakazariya (1963 m)
32 Naebasan (2145 m)
33 Myokosan (2454 m)
34 Hiuchiyama (2462 m)
35 Takatsumayama (2353 m)
36 Nantaisan (2484 m)
37 Okushiranesan (2578 m)
38 Sukaisan (2144 m)
39 Hotakayama (Hauptgipfel: Okihotaka 2158 m)
40 Akagisan od. -yama (Hauptgipfel: Kurobiyama 1828 m)
41 Kusatsushiranesan (Hauptgipfel: Motoshiranesan 2171 m)
42 Azumayasan (2354 m)
43 Asamayama (2568 m)
44 Tsukubasan (Der höchste Gipfel: Nyotaisan 876 m)
(Nordalpen)
45 Shiroumadake (2932 m)
46 Goryuudake (2814 m)
47 Kashimayarigatake (2889 m)
48 Tsurugidake (2998 m)
49 Tateyama (Hauptgipfel: Oyama 3003 m)
50 Yakushidake (2926 m)
51 Kurobegoroudake (2840 m)
52 Kurodake (2986 m)
53 Washibadake (2924 m)
54 Yarigatake (3180 m)
55 Hotakadake (Hauptgipfel: Okuhodakadake 3190 m)
56 Jyounendake (2857 m)
57 Kasagatake (2897 m)
58 Yakedake (2455 m)
59 Norikuradake (Hauptgipfel: Kengamine 3026 m)
60 Ontake (Der höchste Gipfel: Kengamine 3067 m)
(Honshuu-Mitte)
61 Utsukushigahara (Die höchste Ebene: 2034 m)
62 Kirigamine (Der höchste Gipfel: Kurumayama 1925 m)
63 Tateshinayama (2530 m)
64 Yatsugatake (Hauptgipfel: Akadake 2899 m)
65 Ryoukamisan (Der höchste Gipfel: Kengamine 1723 m)
66 Kumotoriyama (2017 m)
67 Kobushidake (2475 m)
68 Kinpusan (2599 m)
69 Mizugakiyama (2230 m)
70 Daibosatsudake (2057 m)
71 Tanzawasan (Hauptgipfel: Hirugadake 1673 m)
72 Fujisan (Der höchste Gipfel: Kengamine 3776 m)
73 Amagisan (Hauptgipfel: Manzaburoudake 1406 m)
(Zentralalpen)
74 Kisokomagatake (2956 m)
75 Utsugidake (2864 m)
76 Enasan (2191 m)
(Südalpen)
77 Kaikomagatake (2967 m)
78 Senjyoudake (3033 m)
79 Hououzan (Der höchste Gipfel: Kannondake 2840 m)
80 Kitadake (3192 m)
81 Ainodake (3189 m)
82 Shiomidake (3047 m)
83 Warusawadake (3141 m)
84 Akaishidake (3120 m)
85 Hijiridake (3013 m)
86 Tekaridake (2591 m)
(Honshuu-West)
87 Hakusan (Hauptgipfel: Gozenmine 2702 m)
88 Arashimadake (1523 m)
89 Ibukiyama (1377 m)
90 Oodaigaharazan (Hauptgipfel: Hinodegadake 1695 m)
91 Oominesan (Hauptgipfel: Hakkyougadake 1915 m)
92 Daisen (Der höchste Gipfel: Kengamine 1729 m)
(Shikoku)
93 Tsurugisan (1955 m)
94 Ishizuchisan (Der höchste Gipfel: Tengudake 1982 m)
(Kyuushuu)
95 Kujyuusan (Hauptgipfel: Kujyuusan 1787 m)
96 Sobosan (1756 m)
97 Asosan (Hauptgipfel: Takadake 1592 m)
98 Kirishimayama (Hauptgipfel: Karakunidake 1700 m)
99 Kaimondake (922 m)
100 Miyanouradake (1935 m)

3. Der heilige Berg Fuji und seine Brüder

Von diesen hundert Bergen ist Fujisan nicht nur der höchste, sondern gilt auch irgendwie heilig durch seine wunderschöne Form und geschichtliche Bedeutung sowohl in der japanischen Literatur als auch in der Malerei. Wie sehr der Berg seit alters bei den Japanern beliebt war, zeigt z.B. Katsushika Hokusais Serie von Farbholzschnitten mit dem Titel 36 Ansichten vom Berg Fuji oder Ando Hiroshiges Farbholzschnittsfolgen der 53 Stationen der alten Landstraße Tokaido, deren viele ein Bildmotiv des Berges Fuji aufnehmen. Mit der Heiligkeit des Berges Fuji und einer Reihe von anderen Bergen, vor allem Tateyama und Hakusan – es sind mit Fuji zusammen die drei heiligen Berge Japans – ist freilich nur die uralte japanische Religiosität im animistischen und schamanistischen Sinne gemeint, und es ist hier nicht der Ort, darauf näher einzugehen. Zumindest ist darauf hinzuweisen, daß die Berg-Gottheit des Fuji Anfang des 8. Jahrhunderts sich selbst als die „Asama-Daishin“ (= der große Gott von Asama) erklärt hat. Dementsprechend wurde der shintoistische Schrein Sengen-Jinjya frühzeitig eingeweiht und der Shintoismus hat sich hier im Laufe der Jahrhunderte mit der buddhistisch ausgerichteten Berggläubigkeit sowie Volksfrömmigkeit verschmolzen, so daß der Berg Fuji faktisch der Gegenstand religiöser Verehrung unter weiten Kreisen des japanischen Volkes werden konnte.

Wichtig ist im Rahmen der Benennung der Berge die Tatsache, daß sie in verschiedenen Regionen innerhalb Japans über ihren Eigennamen hinaus oft mit dem Namen eines Lokal-Fuji versehen werden, wenn sie der Form nach mehr oder weniger dem Fuji ähnlich aussehen. Von den oben genannten hundert Berge gelten schon zehn als solche, wie es in Europa mehrere Klein-Paris oder Klein-Venedig gibt. So werden sie vom Norden nach dem Süden herunter jeweils bezeichnet: Rishiridake(1) als Rishiri-Fuji, Rausudake (2) als Shiretoko-Fuji, der männliche Akandake (4) als Akan-Fuji, Shiribeshiyama (9) als Ezo-Fuji, Iwakisan (10) als Tsugaru-Fuji, Iwatesan (13) als Nanbu-Fuji oder Iwate-Fuji, Choukaizan (15) als Dewa-Fuji oder Akita-Fuji, Tateshinayama (63) als Suwa-Fuji, Daisen (92) als Izumo-Fuji oder Houki-Fuji und schließlich Kaimondake (99) als Satsuma-Fuji. Es ist auffällig, daß diese Fujis im kleineren Format vom eigentlichen Fujisan weit entfernt liegen. Eine gewisse Provinzialität mit Lokalstolz liegt wohl dieser Namengebung zugrunde.

Im ursprünglichen Animismus empfindet man die ganze Natur, somit auch die Berge mit all ihren Felsen, Bäumen und Tieren beseelt und hält sie ehrfürchtig für göttlich. In der volkstümlichen Bergfrömmigkeit der Japaner, die sich im Unterschied zu dem von der Oberschicht geförderten Stadt-Buddhismus bzw. Shintoismus entwickelt hat, sind wiederum zwei entgegengesetzte Richtungen bemerkbar. Für die volkstümliche Berggläubigkeit in Japan ist es allerdings wie bei der Fuji-Verehrung kennzeichnend, daß die urwüchsige Naturreligion des Volkes bis zur Unkenntlichkeit mit dem Buddhismus oder Shintoismus verwachsen ist. Es handelt sich dabei einerseits um eine naive Frömmigkeit der Bauern, die vom Feld aus auf einen bestimmten Berg in der umliegenden Landschaft verehrend hinblicken. Der Berg hat meist eine schöne Form, muß aber nicht unbedingt so hoch sein wie der Berg Fuji oder seine Brüder. Daher befindet sich ihre geweihte Grotte grundsätzlich am Bergfuß. Andererseits ziehen sich mythisch veranlagte Männer oft in die tiefen Berge zurück und suchen ihre Religiosität mit körperlichen Anstrengungen, Gebeten unter dem Wasserfall und nächtlichem Feuerbrennen zu befriedigen. Wenn sie dann auf der hohen Bergspitze den herrlichen Sonnenaufgang erleben, verehren sie die Sonne als Heraufkunft der Gottheit und bauen dort aus Gestein eine Grotte oder stellen ein symbolisches Tor aus Holz auf. In dieser „Shugendo“ genannten Spiritual-Übung war deshalb der Zutritt der Frauen in die Berge der asketischen Übungen jahrhundertelang verboten, obwohl zwei anliegende Berge im Gebirge wie Akandake (4) als männlich und weiblich bezeichnet und zwei Gipfel eines Berges wie Tsukubasan (44) als männliche und weibliche Gottheit verehrt wurden. Es scheint übrigens, daß die Jäger in Japan nie eine Bergfrömmigkeit entfaltet haben, während die Bauern im Grunde doch durch ihre Feldarbeit dem Fruchtbarkeitskult verhaftet geblieben waren. Die sportliche Freude am Bergsteigen ist zwar relativ neueren Datums, erweckt aber offensichtlich beim Anblick der aufgehenden Sonne oder beim Sonnenuntergang bei manchen Japanern heute noch ein urtümliches religiöses Gefühl, was etwa an die „Anmutige Gegend“ in Goethes Faust II erinnert.

Unter den angeführten hundert Bergen ist Iwakisan (10) seit alters als der Berg der bäuerlichen Frömmigkeit bekannt. Auf den Berg Iwatesan (13) ist man früher aus einem buddhistischen Glauben gestiegen und hat um den Krater herum eine Anzahl Buddha-Statuen aus Stein aufgestellt. Auch Iidesan (19) ist als der Berg des buddhistischen Volksglaubens bekannt. Die drei Berge gehören in die ostnördliche Region Japans, wo die Leute einst von der alten Kaiserstadt Kyoto weit entfert aus dem Ackerbau und Holzfällen kümmerlich ihr Leben fristeten. Als Orte des gläubigen Bergsteigens bekannt sind ansonsten Tateyama (49), Yakushidake (50), Kasagatake (57), Ryoukamisan (65), Kinpusan (68), Kisokomagatake (74), Enasan (76), Kaikomagatake (77), Hakusan (87), Arashimadake (88) und zuletzt Ibukiyama (89). Ausgesprochene Übungsorte für das „Shugendo“ waren Hotaka-yama (39), Ontake (60), Oominesan (91) und Ishizuchisan (94). „Shugendo“ ist insofern sehr beachtenswert, als es eine echt japanische Bergfrömmigkeit darstellt. Ausführungen darüber sind aber ohne Verwendung chinesischer Schriftzeichen kaum möglich.

4. Beispiele für die verschiedenartigen Benennungen

Für die Art und Weise der Benennung japanischer Berge geben die ausgewählten hundert Berge gute Anhaltspunkte. Dabei nimmt der Berg Fuji wieder eine Sonderstellung ein, indem er nicht nur seit alters her für heilig gehalten wurde, sondern auch sagenumwoben war. Abgesehen davon war z.B. das pferdähnliche Schneefleckchen im Frühjahr ausschlaggebend für die Bergnamen von Shiroumadake (45), Aizukomagatake (23), Uonumakomagatake (25), Kisokomagatake (74) und Kai-komagatake (77). Im Kashimayarigatake (47) erscheint ebenso ein Schneefleckchen eines Wildschweins oder eines Kranichs. Solche Tiere werden sich bei den anderen nicht angegebenen Bergnamen noch vermehren lassen. Bei den oben genannten hundert Bergen könnte man für die Herkunft der Bergnamen sonst noch etwa 1) japanischen Geschichtsmythos, 2) Legenden, 3) Orts- bzw. Personenbezeichnungen, 4) äußere Formen bzw. Zustände, 5) Volksetymologie oder auch 6) die Ainu-Sprache in Hokkaido in Betracht ziehen.

  1. Im japanischen Mythos spielt die Sonnengöttin Amaterasu-Oomikami eine geschichtsmächtige Rolle, die Kaiserfamilie zu begründen. Der Name vom Berg Enasan (76) geht auf die Sage zurück, daß ihr „ena“, d.h. die umhüllende Haut eines Embryos auf der Bergspitze vergraben wurde. Der Bergname des Hotakayama (39) beruht auf dem mythologischen Bericht, daß ein Prinz des Kaisers, Yamato Takeru, dessen Vorname in eigenartiger Weise Hotaka ausgesprochen wird, einen ihn gefährdenden Feldzug gegen den Osten durchzuführen hatte, um angeblich die Machtstellung der Kaiserfamilie zu stärken. Der Name Sobosan (96) bedeutet Großmutter-Berg und kommt daher, daß die Grußmutter des ersten Kaisers Jimmu in einer Grotte auf der Bergspitze verehrt wird.
  2. Makihatayama (27) verdankt seinen Bergnamen entsprechend den Schriftzeichen
    der Legende, daß eine schöne Frau hier am Webstuhl gearbeitet habe.
  3. Der Bergname Kobushidake (67) besteht aus einer Zusammensetzung von Schriftzeichen, die jeweils für ein Schriftzeichen den angrenzenden drei Ländern „Kai“, „Musashi“ und „Shinano“ entnommen worden sind. Der Bergname Jyounendake (56) hat seine Herkunft aus einem Mönch namens Jyounen, der mit dem Berg eng verbunden war. Beim Hijiridake (85) bezieht sich das darin enthaltene Schriftzeichen für die Heiligkeit auf das Bergtal der Wasserquelle mit dem gleichen Schriftzeichen.
  4. Yarigatake (54) bekam seinen Namen eben durch die speerartige Bergspitze, während Kashimayarigatake (47) „Yarigatake in Kashima“ bedeutet. Ebenso sehen die Berge Kasagatake (57) und Norikuradake (59) jeweils wie ein Strohhut oder ein Sattel auf dem Pferderücken aus. Das Gebirge Yatsugatake (64) besteht, wie sein Name besagt, aus acht Bergen. Der Bergname Goryuudake (46) schreibt sich mit den Schriftzeichen, die den Fünfdrachen-Berg meinen. Aber „goryu“ stellt eigentlich eine Umschreibung des anders geschriebenen, ähnlich lautenden Wappens der Herrscherfamilie in der Gegend dar. Im Bergnamen Kurobegorodake (51) bedeutet „goro“ den Personennamen für den fünften Sohn. In Wirklichkeit ist es auch eine Wortmalerei eines anderen Wortes für die Bodenform, das also mit dem Menschensohn nichts zu tun hat. Der Berg Kurodake (52) hat seinen Bergnamen, weil er eben schwarz aussieht. Ebenso kommt der Bergname Akaishidake (84) vom roten Stein am Südhang. Beim Tekaridake (86) bezeichnet der Bergname die vom Abendsonnenschein beleuchtete Felswand. Der Name Tsurugisan (93), der Schwert-Berg bedeutet, beruht darauf, daß ein Schwert im Besitz des Kaisers Antoku im Schatzstein auf der Bergspitze vergraben wurde. Der Berg Ainodake (81), der mit den zwei Schriftzeichen als „Zwischenberg“ geschrieben wird, bekam seinen Namen, weil er sich zwischen zwei hohen Bergen befindet.
  5. Der Bergname Bandaisan (22), der aus drei Schriftzeichen besteht, wird paraphrasierend dahingehend gedeutet, daß die Leiter des Felsen bis zum Himmel führe. Dagegen beruht der Name Daibosatsudake auf der Sage, daß der Ahnherr der hiesigen Herrscherfamilie auf diesem Berg ein buddhistisches Gebet „Hachiman Daibosatsu“ verrichtet habe.
  6. Auf der Insel Hokkaido, die früher hauptsächlich von den Ainus bewohnt war, stammen viele Ortsnamen selbstverständlich aus der Ainu-Sprache wie viele europäische Ortsnamen vom Keltischen. So erweist sich der Bergname Poroshiridake (8) als genaue Wiedergabe der Ainu-Bezeichnung „poroshiri“, die einen großen Berg bedeutet. Tomuraushi (8) ist unter den hundert Bergen der einzige, für dessen Name keine chinesischen Schriftzeichen verwendet werden und der nur mit phonetischer Umschrift benannt ist. Deshalb ist es offensichtlich, daß der Bergname seine Herkunft von der Ainu-Sprache hat. Dagegen ist der ursprüngliche Bergname „onnepuri“ (= ein großer Berg) der Ainu-Sprache in der japanischen Wiedergabe Sharidake (3) mit den Schriftzeichen nicht mehr erkennbar. Der Bergname Rausudake (2) dürfte der Aussprache nach schon von der Ainu-Sprache herstammen, auch wenn er mit chinesischen Schriftzeichen wiedergegeben ist.

5. Japanische Volkskunde im Spiegel der Bergnamen

Über die angeführten Beispiele hinaus gibt es freilich unzählige, weniger bekannte Bergnamen, die die Naturanschauung des japanischen Volks, althergebrachte Sitten und Bräuche in Japan sowie die Naturlandschaft Japans widerspiegeln. Es gibt auch, wie vorhin erwähnt, umstrittene Bergnamen wie z.B. Kobushidake (67) oder Goryuudake (46). Im Unterschied zur obigen Erklärung wird nämlich daruf hingewiesen, daß „Kobushi“ ursprünglich dem Schriftzeichen für die Faust entstamme. Beim Goryuudake handelte es sich um eine vermutete Schreibung für eine phonetische Bezeichnung „Goryuu“, die ein früher Bergsteiger 1908 in einem Essay mit einem Vermerk „nur entsprechende Laute“ verwendete. Der Vermerk fiel aber beim Druck aus und die irrtümliche Bezeichnung wurde später in die offizielle Landkarte aufgenommen. In einem Essay von 1915 bezeichnete ein anderer Bergsteiger völlig unbekannte kleinere Berge in einer Bergkette eigenmächtig mit einigen Schriftzeichen, und diese Bergnamen fanden ohne weiteres Aufnahme in die Landkarte. Sie sind also in neuerer Zeit zufällig aus persönlichen Gründen entstanden.

Die Alten haben die Berge anscheinend vielfach nach dem Tierkreis genannt. Am zahlreichsten sollen die Bergnamen mit den Vogelbezeichnungen sein, und zwar außer dem Vogel als solchem noch mit Huhn, wilder Gans, Schwan, Krähe, Adler oder Geier. Neben dem bereits angeführten Pferd kommt dann auch die Kuh bei den Bergnamen zahlreich vor. Ihnen folgen Bär und Reh, während Schlange und Maus weit weniger verwendet werden.Von den Bäumen ist die in Japan sehr verbreitete Kiefer am meisten verwendet. Neben dem Schriftzeichen für die Blume als solche ist Kirschbaum bzw. Kirschblüte als Bestandteil eines Bergnamens sehr beliebt. Dagegen kommt das Chrysanthemum, das das kaiserliche Wappen darstellt, kaum vor. Die Bergnamen, die vom Schneefleckchen im Frühjahr hergeleitet werden, beziehen sich nicht nur auf die Tiere, sondern auch auf einen Menschen, eine Blume oder andere Dinge. Eburisashidake bekam beispielsweise seinen Namen daher, daß sich ein Schneefleckchen zeigt, das einem Greis mit einem Rechen zum Reisfeld (= eburi) ähnlich ist. Oder Utsugidake soll, wenn Schnee im Frühling noch etwas übrig bleibt, wie „utsugi“, d.i. eine im Juni üppig blühende Blume aussehen. Auf dem Berg Chogadake (= Schmetterling-Berg) ist in der Tat ein großer Schmetterling auf dem schneebefleckten Gipfel zu sehen. So ist es ebenfalls mit dem Hiuchigadake (= Feuerstein-Berg), auf dessen nordöstlicher Seite sich eine Feuerzange zeigt. Ansonsten liegt einem Bergnamen eine volksetymologische Lautmalerei mit den chinesischen Schriftzeichen zugrunde, wie z.B. bei Kaimondake. Dieser Berg dient seit alters her den Seeleuten als ein guter Wegweiser in die Bucht von Kagoshima und wird in wörtlicher Übersetzung „Meerestor-Berg“ genannt. Dieser Name geht aber phonetisch auf die Gottheit des shintoistischen Hiraki-Tempels am Bergfuß zurück, dessen Name mit den zwei Schriftzeichen für „öffnen“ und „hören“ wiedergegeben werden kann.

Linguistisch erweisen sich allerdings die Bergnamen aus der Ainu-Sprache als besonders interessant. Einer von ihnen heißt Upepesanke-yama und bedeutet, daß das angeschwollene Schneewasser zum Tal herabfließt. Nach der Vorstellung des Ainu-Volkes stellt der Fluß eigentlich einen Strom dar, den man von unten nach oben verfolgt, so daß wohl der Fluß wie Tottabetsu, Yaoromappu oder Tomuraushi, aber nicht die Bergspitze als Endpunkt des Flusses genannt wird. Ein Vulkan mit spitzen Gipfeln heißt zwar in der Ainu-Sprache „e-en-iwa“, was einen Berg mit spitzigem Kopf bedeutet. Aber sonst heißt der ganze Berg „shiri“. Deshalb ist die Insel in Hokkaido, die einzig aus Rishiridake besteht, mit „rii-shiri“, d.h. dem hohen Berg, bezeichnet. Der höchste Gipfel im Hitaka-Gebirge heißt denn auch „poro-shiri“, d.h. der große Berg. Wenn zwei Berge nebeneinander stehen, so kann der steilere Berg „pinne-shiri“ (= Mannesberg), der rundere Berg als „machine-shiri“ (= Frauenberg) genannt werden. Eine andere Bezeichnung des Berges in der Ainu-Sprache ist „nupuri“ wie in den Bergnamen Nisekoan-nupuri, Omusha-nupuri und Iwao-nupuri, die jeweils einen in der Schlucht am Fluß hervorragenden Berg“, „einen Zwillingsberg“ und „Schwefelberg“ bedeuten.

Abgesehen von diesen Bezeichnungen in der Ainu-Sprache ist es freilich sehr schwer, die japanischen Bergnamen ohne Verwendung der chinesischen Schriftzeichen auch nur annähernd erklären zu wollen. Denn diese sind Bedeutungsträger, die für die Sprachkundigen die in den Bergnamen enthaltenen Vorstellungen oder dadurch hervorgerufenen Assoziationen ohne weiteres veranschaulichen. Der Berliner Sinologe Klaus Kaden schreibt nachdrücklich: „Die chinesische Schrift ist heute die einzige nichtphonetische, hieroglyphische Schrift, die noch verwendet wird. Neben der Fixierung der chinesischen Sprache dient sie auch dem schriftlichen Ausdruck der Sachbedeutungen im Japanischen und im Koreanischen. Sie hat eine ununterbrochen dokumentierte Geschichte von 3000 bis 4000 Jahren und gehört damit zu den ältesten Schriften der Welt. Sie ist aufs engste verbunden mit der chinesischen Geschichte und mit allen Seiten der chinesischen Kultur.“ 6 Zu diesen Sätzen brauche ich nur hinzuzufügen: „gleichfalls mit der japanischen Geschichte und mit allen Seiten ihrer Kultur“.

Zum Schluß möchte ich gern für ein kulturwissenschaftliches Projekt plädieren: Man könnte durch eine gute Zusammenarbeit der Fachleute eine nationale und internationale Kulturgeschichte der Berge schreiben, und zwar unter dem Gesichtspunkt, wie die Menschheit im Laufe der Jahrhunderte sowohl im Westen als auch im Osten die Berge für Literatur sowie Kunst entdeckt, naturwissenschaftlich erforscht, wirtschaftlich verwertet und schließlich touristisch erschlossen hat. Das würde zweifellos dazu führen, eine neue interdisziplinäre globale Kulturwissenschaft ins Leben zu rufen und eine weltweite Verbreitung durchs Internet sowie CD-Roms recht zweckmäßig erscheinen zu lassen.

 


Anmerkungen

1 Vgl. das Matthäus-Evangelium 4,1-11, dem Theodor Haecker in einem als Kriegsausgabe in Kolmar erschienenen Büchlein Die Versuchungen Christi tiefschürfende Betrachtungen anstelle, in derselbe: Vom Wunderbaren und vom Nichts. Hochland-Bücherei. München 1949, S. 9-61.

2 Kurt Rothmann: Kleine Geschichte der deutschen Literatur. Reclam UB 9906, S. 66 f.

3 Vgl. Goethes Werke. Hamburger Ausgabe. Naturwissenschaftliche Schriften. Bd. 13, S. 348.

4 Näheres vgl. Naoji Kimura: Jenseits von Weimar. Goethes Weg zum Fernen Osten. III. Teil, 2. Kap.: Goethe und Philipp Franz von Siebold. Peter Lang Verlag. Bern 1997, S. 390-406.

5 Vgl. ferner frühe Schilderungen japanischer Berge bei Wilhelm Steinitzer: Japanische Bergfahrten. Wanderungen fern von Touristenpfaden, München 1918.

6 Im Vorwort zu Wang Hongyuan: Vom Ursprung der chinesischen Schrift. Sinolingua Beijing. Deutsche Übersetzung Beijing 1997, S. III.